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Frauenfeindliche Werbung

Bilanz des Werberats: Mehr Beschwerden gegen weniger Werbekampagnen

Berlin (dpa) – Frauenfeindlichkeit, Jugendgefährdung, Gewaltdarstellung – das waren im vergangenen Jahr die häufigsten Vorwürfe gegen Werbekampagnen, die beim Deutschen Werberat eingingen. In seinem am Dienstag in Berlin vorgelegten Jahresbericht bilanzierte das Selbstkontrollgremium der deutschen Werbewirtschaft eine gestiegene Zahl an Beschwerden, aber eine rückläufige Zahl von kritisierten Werbekampagnen.

Mehr Beschwerden, aber weniger kritisierte Werbekampagnen: Der Deutsche Werberat stellt seinen Jahresbericht vor. Das Foto zeigt eine umstrittene Reklame aus dem Jahr 2001.Der Grund für diese gegenläufige Entwicklung: Über 1000 von insgesamt 1985 Beschwerden richteten sich gegen ein und dieselbe Kampagne – «eine Protestwelle, die es in den drei Jahrzehnten Werberat noch nie gegeben hat». Es handelte sich um eine Plakataktion, auf der die «Bild»-Zeitung eine Serie ankündigte, in der Frauen ihre sexuellen Praktiken preisgeben. Einige junge Frauen waren mit Sprüchen abgebildet wie: «Mittags krieg ich Hunger. Auf Sex.»

Während die Beschwerdeführer dies als entwürdigend empfanden, teilte der Werberat diese Einschätzung nicht. Die Plakate hätten auf ein redaktionelles Vorhaben hingewiesen. «Die für redaktionelle Beiträge grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit gilt gleichfalls für die Bewerbung solcher Redaktionsangebote», sagte der Vorsitzende des Werberats, Jürgen Schrader.

Einen zweiten Grund für die Verdreifachung der Beschwerdezahl (2001: 694) sieht das Gremium in der «offensichtlichen Strategie einzelner Institutionen, mit Hilfe von Unterschriftenlisten Druck auf den Werberat auszuüben». Dies sei jedoch ganz unnötig, da ein einziger Protest für ein Eingreifen des Gremiums ausreiche.

In Zahlen sieht die Bilanz des Werberats für 2002 so aus: Die 1985 Beschwerden richteten sich gegen 389 (2001: 421) Werbeaktionen, von denen der Werberat über 270 (305) zu entscheiden hatte. In 67 (91) Fällen erklärten sich die Werbetreibenden bereit, die Werbung nicht mehr zu schalten, in 8 (5) Fällen wurde sie geändert, und 6 (3) Mal sprach der Werberat eine öffentliche Rüge aus. Von Kritik freigesprochen wurden 189 (206) und damit zwei Drittel aller beanstandeten Werbekampagnen.

Die öffentlichen Rügen richten sich gegen Firmen, die trotz Beanstandung durch den Werberat ihre Kampagne fortsetzen. In den konkreten Fällen ging es vorwiegend um entwürdigende Darstellung von Frauen und Gewaltszenen.

Zu den Kampagnen, die nach Intervention des Werberats eingestellt wurden, gehörte die einer Tankstellenkette, die in Anzeigen mit der Abbildung einer achtköpfigen Familie und dem Text warb: «Günstiger tanken. Geld für Kondome haben.» Zahlreiche Beschwerdeführer sahen hier eine Kinder- und Familienfeindlichkeit, da suggeriert werde, der Kindersegen entspringe allein der Tatsache, dass die Familie kein Geld für Kondome habe.

Dagegen konnte sich der Werberat nicht der Auffassung anschließen, mit der die Werbung einer Fast-Food-Kette für ihr Frühstücksangebot kritisiert wurde: «Butterbrot ist tot.» Hier sahen die Kritiker eine negative Beeinflussung des Frühstücksverhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Dagegen gestand das Kontrollgremium der Werbung zu, den Wandel der Frühstücksgewohnheiten als Spiegel der Gesellschaft aufzugreifen und wiederzugeben.

Quelle: dpa – Meldung vom 18.03.2003, 12:15 Uhr
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19. März 2003

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